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Ein interkulturelles Bildungs- und Sportprojekt für Jugendliche

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Teil 9: Das Fußballturnier


Fußbälle, Trikots, genügend Essen und Getränke für das leibliche Wohl. Das Fußballturnier kann kommen - so dachte ich mir das am Freitagmittag gegen 12 Uhr. Doch hatte ich mich da vielleicht zu früh gefreut? Um 14 Uhr war ja noch der Girlsclub, der an diesem Tag wegen der Abwesenheit von Bruce, mit dem Boysclub zusammengelegt wurde. Eine weitere neue Herausforderung für mich. Die Kinder und Jugendlichen in einem Alter von 11 - 15 Jahren haben schon allerhand erlebt und gesehen. Viele von ihnen haben oder hatten Erfahrungen mit Drogen und häuslicher Gewalt. Um zwei Uhr standen wir vier Volunteers also mit den 30 pubertierenden Jugendlichen da und am Anfang klappte das auch noch ganz gut. Doch dann begannen einige damit und versuchten uns zu provozieren, indem sie nicht auf uns hörten und sich nicht benahmen. Daraufhin schickten wir deswegen mehrere von ihnen auch frühzeitig aus dem Programm, auch damit sie die, denen es Spaß machte durch ihr Verhalten nicht negativ beeinflussten. Da sie es scheinbar nur so verstanden, wurden es nach und nach immer weniger Kinder. Auch die Gesamtatmosphäre wurde mehr und mehr komisch und ich fühlte mich nicht mehr richtig wohl. Sobald wir ihnen den Rücken zukehrten, machten sie die unmöglichsten Dinge. Noch dachte ich mir nichts Schlimmes dabei, außer dass es eben kein so ein toller Tag ist und es sehr anstrengend ist, weil sie uns nicht respektierten. Als das Programm zu Ende war, halfen mir noch sechs Jungs, die sich wirklich vorbildlich verhielten, beim Tragen, da Alles für das Turnier ins Auto verstaut werden musste. Bis auf uns vier Volunteers und die fleißigen Helfer war dann auch keiner mehr da. Also liefen wir die Treppen herunter und wollten in Richtung Ausgang.

Als ich um die Ecke kam, traf mich fast der Schlag. Etwa 20 Kinder aus dem Programm klopften, traten und schlugen gegen die Tür. Wie wild versuchten sie das Gebäude zu stürmen, wahrscheinlich weil sie sich vernachlässigt oder ungerecht behandelt gefühlt hatten. Im ersten Moment wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Es waren viele Wiederholungstäter dabei, denen die Konsequenzen für ihr Benehmen bekannt war. Doch offensichtlich brannten bei ihnen in diesem Moment die Sicherungen durch. Einer meiner Helfer wollte ihnen die Türe öffnen, wovon ich ihn gerade noch abhalten konnte. Dafür holte ich meine Kollegin, die die Kinder viel besser kennt und gezielter mit ihnen umgehen kann. Doch auch sie war machtlos. Es half alles nichts. Die Kinder starteten eine Art Mob gegen uns. In Südafrika und speziell in den Townships ist das eine Form von Selbstjustiz. Es schien so, als könnte sie keiner mehr stoppen. In diesem Moment fiel uns Bruce ein. Er wohnt in der Community und kennt jeden. Vor ihm haben die Kinder Hochachtung und vollsten Respekt. Also riefen wir ihn an, und sagten ihm, dass er so schnell es geht vorbeikommen sollte.

Nach etwa zehn Minuten und einer gefühlten Ewigkeit, war er dann hier. Als die Kinder ihn sahen, rannten  sie davon. Trotzdem gelang es ihm sich ein paar zu schnappen und sie zur Rede zu stellen. Ich war so schockiert, dass ich keinerlei Emotionen zeigen konnte. Da die Lage im Moment sowieso etwas brodelt, hatte ich ein kleines bisschen Angst um mein Leben, und das obwohl wir Volunteere im Gebäude der New World sehr sicher sind. Die Kinder bedrohten uns und waren in diesem Moment wirklich unberechenbar.

Geschafft von dem Vorfall fuhren meine Kollegin und ich erstmal nach hause. Schon auf der Fahrt analysierten  wir den Vorfall, um ihn später verarbeiten zu können. Ich dachte mit einem mulmigen Gefühl an das Turnier. Hoffentlich wird alles gut gehen? Werden die Kinder auftauchen und versuchen uns zu provozieren? Am Abend erreichte uns ein Anruf von Bruce. Er hatte seine Wochenendplanung auf Eis gelegt, um zum Turnier zu kommen und uns zu unterstützen. Nach diesem Anruf war ich sehr erleichtert, da mir klar war, dass es ohne ihn schwer geworden wäre.

Am nächsten Morgen packten Jonas und ich alles Nötige zusammen und machten uns auf dem Weg zur Schule. Ein paar Jungs aus dem Soccer Programm standen schon am Eingang und warteten darauf, dass es endlich losgeht. Keine Spur von den Kindern vom Vortag. Ich war erleichtert und konnte mich nun voll auf das Turnier konzentrieren. Wir bereiteten das Spielfeld vor und sorgten dabei mit der Musikanlage für eine gute Stimmung. Alles funktionierte reibungslos, und auch Luugmaan von der Steenberg Police kam vorbei. Er teilte uns mit, dass unmittelbar vor dem Turnier in Lavender Hill geschossen worden war und dass daher eventuell ein paar der Kinder nicht kommen werden, weil ihre Eltern sie zuhause lassen. Die Nachricht musste ich erst einmal sacken lassen. Nach und nach kamen dann doch einige Kinder, aber da dennoch nicht alle Teams vollzählig waren, mussten wir bei der Teamzusammenstellung improvisieren. Letztendlich hatten wir ein Team von der Levana Primary School, eines von Hillwood und ein gemischtes Team aus beiden Schulen. Die Kleinen waren wahnsinnig aufgeregt und legten sich schon beim gemeinsamen Aufwärmen mächtig ins Zeug. Das erste Spiel bestritt Levana gegen das gemischte Hillwood/Levana Team. Für Levana lief es von Beginn an super - es ist die Mannschaft mit der ich im Vorfeld viel ausprobiert habe. Es war sozusagen mein Team. Schnell ging es mit 2:0 in Führung.

Nach und nach waren auch viele Eltern dazugekommen, die ihre Kinder anfeuerten. Im zweiten Match kam es zum Krimi: Levana gegen Hillwood - zwei Teams auf Augenhöhe. Da es nach Ablauf der regulären Spielzeit 2:2 stand, ging es in die Verlängerung, in der sich Levana durchsetzte und das Spiel mit 4:2 gewann. Nach diesem Spiel war mir klar, dass Levana das kleine Turnier gewinnen und nach den Schulferien im großen Finale um den Pokal antreten wird.

Zur Stärkung gab es für alle Hot Dogs und kühle Getränke. Die Kinder waren sehr zufrieden und Levana bekam ihr Strahlen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Und weit und breit nichts zu sehen von den Kindern vom Vortag. Vielleicht habe ich mir unnötig Sorgen gemacht. Eventuell war es auch die Anwesenheit von Bruce, die sie abgeschreckt hat. Nach dem Mittagessen gab es dann die letzte Begegnung, das Spiel um Platz 2 und 3. In diesem Spiel durfte ich meine Fähigkeiten als Schiedsrichterin unter Beweis stellen. Es kam aber zum Glück zu keinen Klagen ;-) Und so war das Fußballturnier rundum ein voller Erfolg. Der Aufwand bei der Vorbereitung hat sich ausgezahlt. Und auch der Schock vom Vortag war wie weggeblasen, denn die Jungs vom Soccer zeigten vollsten Respekt für uns. Es war wirklich das Highlight meines Aufenthalts. Die Preise bekommen sie dann morgen feierlich in der Schule überreicht. Dass jedes Team unabhängig von der Platzierung etwas gewinnt, finden die Kleinen super.

Am Sonntag war Antje wieder zurück und wir beschlossen noch einmal eine kleine Wanderung zu machen, auch um den Kopf wieder frei zu bekommen. Als Ziel suchten wir uns das Elephant‘s Eye aus. Es ist nicht weit bis dahin und der Aufstieg ist viel einfacher als der zum Tafelberg. Es war ein schöner Hike, der etwa zwei Stunden dauerte. Anschließend waren wir mit den anderen Volunteers am Strand verabredet. Endlich mal surfen und ansonsten Nichts tun. Doch da hatte ich mich getäuscht, denn als wir am Strand erst einmal angefangen hat Fußball zu spielen, kamen immer mehr dazu und wollen mitspielen. Und das Frauen mitkicken, war für sie etwas ganz Neues. Denn die Südafrikanerinnen sind für sportliche Aktivitäten, wie Fußball oder Football eher nicht zu haben. Das Surfen war grundsätzlich eine super Idee - doch leider hatten die auch an die 200 anderen Wellenreiter. Und da an diesem Tag noch kein Hai gesichtet worden war, war das Meer voller Menschen. Trotzdem versuchten Jonas, Olli und ich unser Glück und es hat richtig viel Spaß gemacht. Am Abend kochten die Jungs dann noch ihr Spezialgericht, ein südafrikanisches Curry. Anschließend ließen wir den Abend ausklingen und gingen früh ins Bett.

Am nächsten Morgen fühlte ich mich gar nicht gut. Ich hatte ziemlich starke Magenschmerzen, die durch nichts zu bekämpfen war. Viele der Kinder sind momentan auch krank und man steckt sich sehr leicht an. Den Montag verbrachte ich im Bett. Heute geht’s schon wieder etwas besser. Doch die zwei Tage ohne etwas zu Essen haben ihre Spuren hinterlassen. Ich fühlte mich schrecklich, bin dann aber trotzdem zur Arbeit gegangen und war bis 12 Uhr im Kindergarten. Gegen 11 Uhr erfuhren wir, dass gerade wieder eine Schießerei beginnt, nur wenige Meter von uns entfernt. Da sind wir nun mitten in Kapstadt, in Lavender Hill, und um uns herum fangen die Gangs an sich auf negative Art und Weise anzunähern.

Puh, war ganz schön viel die letzten Tage!