EBS Jahresbericht 2015
Abschlussbericht Namibia Windhuk 2015
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Projektreise Namibia 2015, Swakopmund
Auf Ballhöhe Blog 2015 Namibia, Windhuk
Projektreise Japan 2015
PROJEKTREISE Japan 2015, Ishinomaki, 01.-03.Juni / JOHANNES
Wieder sitzen wir im Auto. Die Straße führt Richtung Norden. Eine knappe halbe Stunde später erreichen wir Taro. Wie fast im gesamten Küstengebiet wird gebaut. Auffällig ist dabei, dass meist oberhalb der Straße Bagger am Werk sind. Die zerstörten Städte werden nun weiter oben am Berg wieder aufgebaut, um bei einem weiteren Tsunami besser geschützt zu sein. In Küstennähe befinden sich nur Fischereien. Ansonsten liegen die Grundstücke brach. Einst stand hier Haus an Haus. Mittendrin stehen die Überreste eines Hotels. Von den ersten drei Stockwerken sind nur noch die Stahlträger zu sehen – der Rest wurde weggespült. Das Hotel steht zwischen zwei Schutzwällen. Der hintere wurde vor etlichen Jahrzehnten von den Bewohnern der Community erbaut und der vordere wurde einige Jahre später von der Regierung in Auftrag gegeben. Der Bau der Regierung konnte den Wassermassen nicht stand halten. Die Segmente die noch übrig sind, stehen verschoben in der Gegend herum.
Nach der ersten von insgesamt dreizehn Wellen, sind viele Anwohner zum Hafen gekommen um sich den Schaden anzusehen. Dort wurden sie von einer weiteren Welle überrascht. Gut zehn Meter höher als jetzt stand was Wasser – schwer vorstellbar.
Weiteren Schutz sollen mehrere Wälle im Wasser bieten. Wir sehen einige Schiffe, die dabei sind riesige Betonbrocken im Meer zu platzieren. Lediglich vereinzelt verzichten die Orte auf solche Maßnahmen. Sie trauen dem Frühwarnsystem nicht und möchten sich durch die Barrikaden nicht die Sicht auf’s Meer und einen möglichen weiteren Tsunami zu nehmen.
Als nächstes Besuchen wir eine kleine Containersiedlung. Diese wurde innerhalb von drei Monaten nach dem Tsunami errichtet. Es ist nicht der erste Einsatz der Container. Viele wurden bereits bei anderen Katastrophen als Notunterkünfte genutzt. Die Betroffenen können hier noch drei bis vier Jahre kostenlos leben, bis sie es sich leisten können umzuziehen. Die Menschen hier sind dankbar, dass sie wieder ein Dach über dem Kopf haben. Dennoch kann Ihre alten Häuser nichts ersetzen. Sie waren so gebaut, dass sie selbst im Sommer nie zu heiß wurden. Um nun im Sommer ihre Container zu kühlen, wurden Ihnen Klimaanlagen gekauft. Dieser Bonus ist ihnen jedoch so unangenehm, dass sie sie nie anschalten. Sie möchten das Budget der Allgemeinheit nicht belasten und gegenüber den anderen Betroffenen nicht bevorzugt werden. Das könnten Sie nicht mit ihrem Stolz vereinbaren.
Anfang 2016 wird die Region wohl 600 Familien verlieren. Sie ziehen um, da sie keine Perspektive sehen.
Entlang der Küste geht es nun weiter zu unserer nächsten Station – Ishinomaki.
Zwischendurch halten wir bei einem Tempel. Hier sollen bei den weiteren Projekten die Helfer aus Deutschland untergebracht sein. In einem großen Tatamizimmer finden sie genügend Platz. Außerdem kann in der eigenen Küche der kulturelle Austausch weiter gehen.
Am Abend erreichen wir dann Ishinomaki, wo wir im alten Haus des Präsidenten der Iwate Football Association unterkommen. Das Haus bietet an sich genügend Platz und ist auch für weitere Aufenthalte der Helfer aus Deutschland vorgesehen. Leider ist zurzeit die Dusche kaputt, weswegen wir kurzentschlossen den Abend im einem öffentlichen Bad ausklingen lassen. Im Bad befinden sich verschieden warme Becken, ein Außenbereich und eine Sauna. Wer jetzt Ruhe in der Sauna erwartet hat, der wird enttäuscht. In der Wand ist ein großer Fernseher eingelassen in dem eine Dokumentation läuft, die alle paar Minuten durch Werbung unterbrochen wird.
Da am nächsten Morgen keine Termine anstehen schlage ich mir die Nacht um die Ohren und schaue das Relegationsspiel. Durch die Verlängerung wird es bereits hell, als das Spiel fertig ist – um 4:30.
Als Kyle am Vormittag joggen geht, schlafe ich entsprechend noch. Nach dem Lunch haben wir einen Termin beim Bürgermeister von Higashi Matsushima. Dieser ist kurzfristig verhindert und lässt sich vom Bildungsminister vertreten. Wir tauschen uns darüber aus, was wir jeweils erwarten und erreichen wollen. Gemäß dem Spruch „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ geht es im Anschluss weiter zum Bürgermeister von Onagawa. Das Rathaus von Onagawa ist ein Provisorium. Das Alte ist ebenfalls den Wassermassen zum Opfer gefallen.
Man merkt in den Gesprächen, wie groß die Sehnsucht der Menschen ist, an die erfolgreiche sportliche Vergangenheit anzuknüpfen. Hier müssen wir leider die Erwartungen etwas herunter schrauben. Immer wieder betonen wir, dass wir weniger die guten, bereits funktionierenden Mannschaften besser machen wollen. Vielmehr liegt der Fokus darin, Kinder die vielleicht noch nicht im Verein sind, zu erreichen. Uns mit Ihnen beschäftigen und ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind. Die Konkurrenzfähigkeit der anderen Teams wird dann mit der Zeit kommen. Aber bis dahin sind noch viele kleine Schritte zu gehen.
Schnelle Resultate mussten jedoch nach dem Tsunami geschaffen werden. Viele Häuser sind zerstört und die Menschen benötigen schnell ein Dach über dem Kopf. Also werden freie Flächen dazu genutzt und mit Containern versehen. Als wir nach dem Gespräch noch den neuen Sportplatz besichtigen, entdecken wir neben den Containern noch die Anzeigetafel und die Zuschauersitze des Baseballstadions. Viele Sportstätten sind nun auf diese Weise umfunktioniert. Auch weiterhin hat die Errichtung neuer Unterkünfte für die Bevölkerung Vorrang. Das Rathaus wird somit auch mit als letztes aus ihrem Provisorium ziehen.
Am Abend findet während des Dinners das letzte Gespräch des Tages statt – so langsam gehen mir die Visitenkarten aus.
Auch der nächste Tag startet mit einer Autofahrt zu einem Termin. Auf der Fahrt essen wir Reisbällchen, die unsere Nachbarn vorbeigebracht haben. Beim Radiosender Date FM in Sendai haben wir eine Interviewaufzeichnung. Nach dem Besuch des Fanshops von Vegalta Sendai, dürfen wir eine Spezialität der Stadt probieren. In einem kleinen Restaurant wird Rinderzunge vor unseren Augen auf dem Grill gebraten und anschließend in verschiedenen Variationen serviert. Das ist wohl nicht für jeden etwas, aber nach dem vielen Fisch für mich eine willkommene Abwechslung.
Auf dem Rückweg zum Haus schauen wir noch beim Training einer U12 Mannschaft vorbei. Während die Jungs verschiedene Passübungen absolvieren, fällt uns ein kleines Mädchen auf, das am Rand des Sportplatzes mit dem Ball jongliert und das außerordentlich gut. Kurzerhand holen wir ein Shirt der Frauennationalmannschaft aus unserer Tasche und schenken es ihr. Beim Abschlussspiel laden wir sie zusätzlich ein in unser Team zu kommen. Unser erster Eindruck war richtig. Mit leuchtenden Augen wirbelt sie über das Spielfeld und lässt dabei die meisten Jungs hinter sich. Kyle gibt ihr noch mit auf den Weg, dass sie ihre Träume nicht aus den Augen verlieren soll und sich ihnen step by step nähern soll.
Der Fußballverband von Ishinomaki lädt uns noch zum Essen ein – es gibt wieder Sashimi – ehe wir endlich wieder zu Hause ankommen.
Dort schauen noch einmal unsere Nachbarn vorbei und fragen höflich nach einem Autogramm von Gert. Als dieser ihnen oben drauf noch ein Shirt von seinem ehemaligen Club den Utawara Reds schenkt, können sie ihr Glück kaum fassen. Die Freude die er ihnen damit gemacht hat, übersteigt bei weitem den materiellen Wert des Shirts.